Bindungstherapie

Das Wiener Institut XY –

Ein Erfahrungsbericht:

In den Jahren 2002 und 2003 hatte ich gegen Ende meines Studiums mit anhaltenden und schweren psychischen und seelischen Belastungen zu kämpfen. Das Lernen wurde mir dadurch fast unmöglich.

Von einer mir damals bekannten Lehrerin bekam ich den Hinweis, da meine damaligen Probleme fast ausschließlich mit meiner Kindheit und Jugend in meiner Stammfamilie zu tun hatten, dass dafür die Familienaufstellung nach Hellinger eventuell ein probates Lösungsmittel sein könnte.

Sie erzählte mir, sie hätte es selbst ausprobiert und dadurch sei ihr sehr geholfen worden.

In den österreichischen Medien gab es auch durchaus positive Berichte von zum Teil prominenten Persönlichkeiten, welche die Familienaufstellung nach Bert Hellinger in den höchsten Tönen lobten.

Diese Bekannte gab mir dann damals eine Kontaktadresse mit Telefonnummer und eine Informationsbroschüre.

Also vereinbarte ich unter diesem Kontakt ein Erstgespräch.

Damals trug das Wiener Institut XY noch nicht diesen Namen, aber die handelnden Personen waren und sind im Wesentlichen bis heute die gleichen geblieben.

Die Kontaktperson war eine charmante, sehr gut aussehende und intelligente Dame etwa in den Mittdreißigern. Ihre Berufsbezeichnung lautete damals „Festhaltetherapeutin nach Prekop“, vor kurzem habe ich gesehen, dass sie jetzt den Titel „Bindungstherapeutin“ auf ihrer Homepage führt.

Das Erstgespräch verlief für mein Empfinden ausgesprochen positiv.

Ich wollte damals noch keine Festhaltetherapie machen und so wurden weitere Termine für eine Einzelgesprächstherapie vereinbart, da besagte „Bindungstherapeutin“ auf meine Nachfrage hin noch einige zusätzliche Ausbildungszeiten ihrerseits anführte, welche ich jetzt jedoch nicht mehr exakt in Erinnerung habe (ich denke Rogers und Alfred Adler waren im Spiel).

Da ich jedoch niemandem etwas Falsches unterstellen möchte, will ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Frau mir unmissverständlich zu verstehen gab, dass ihre einzige „echte“ Qualifikation „Festhaltetherapeutin nach Prekop“ sei. Auch kam sie mir finanziell mit dem Honorar, ich befand mich damals auch wirtschaftlich, nicht zuletzt wegen meiner psychischen Probleme, in einer zunehmend prekären Lage, etwas entgegen.

In Folge der weiteren Termine kam dann das Gespräch mehrmals auf die Festhaltetherapie, doch da ich niemanden kannte mit dem ich eine solche Therapie durchführen wollte (man kommt sich dabei ausgesprochen nahe, nicht nur körperlich!) und ich eine instinktive Abneigung dagegen verspürte, wollte ich davon vorerst nichts wissen.

Aber an der Familienaufstellung nach Hellinger war ich interessiert.

Denn die versprach rasche Besserung und das brauchte ich damals wirklich, denn ich musste mein Studium fertig kriegen.

Diese wurde aber von einer Psychotherapeutin (praktiziert in Wien und Bayreuth, ist anerkannt) und diplomierten Sozialpädagogin in Personalunion geleitet. (wird in weiterer Folge nur als PT bezeichnet, das könnte auch Psychoterroristin heißen, aber das wäre nur Zufall)

Nun ja, dachte ich damals, diese Kombination erscheint doch fundiert und vertrauenswürdig.

Doch ich sollte mich täuschen.

Also vereinbarte ich einen Termin zum Familienstellen nach Hellinger unter der Leitung von PT. Erst einmal nur als Stellvertreter, denn überstürzen wollte ich es nicht und die Vorsicht auch nicht außer Acht lassen.

Diese Familienstellung war in der Tat eines der eindrucksvolleren Erlebnisse, die ich jemals hatte und emotional tief bewegend..

Und ich hatte den Eindruck, alle Klienten damals wären nach diesen beiden Tagen (es war ein Wochenende) befreiter und gelöster nach Hause gegangen.

Diese Familienaufstellung fand nicht in Gumpendorf/Mariahilf (aber die hatte dieser Tage vielleicht Urlaub) sondern in einem der nobleren Wiener Außenbezirke statt.

Folgerichtig vereinbarte ich zum nächstmöglichen Termin eine Aufstellung, diesmal für mich. Diese fand auch noch an diesem Veranstaltungsort statt.

Ich war der letzte, der aufstellte.

Ich muss dazu sagen, dass es in meiner Familie Missbrauch gegeben hat, psychischen, seelischen und auch körperlichen/sexuellen und natürlich Gewalt in allen Spielarten.

Doch viel geredet wird ja bei der Familienaufstellung (nach Hellinger) nicht, das würde ja „die Kraft“ wegnehmen.

Was dann geredet werden soll sind „Sprüche“, fast schon Zauberformeln.

Doch ich weigerte mich zu sagen „Mama für Dich habe ich es gerne getan.“.

Nun gleichsam zur Strafe für meine mangelhafte Kooperationsbereitschaft und ebenso mangelnde Bereitschaft mich dem Unrecht zu unterwerfen lautete meine

„Lösung“, von der PT mit Brille und grauen Haaren mit einem dünnen Lächeln vorgegeben

„Ich verlasse die brennende Stadt“.

Das war’s dann.

Aufstellung beendet (Operation gelungen, Patient tot).

Alle springen wie auf Kommando auf, Musik zum Tanzen wird aufgedreht, Alle sind ausgelassen, fröhlich und tanzen.

Eine Teilnehmerin gibt mir zu verstehen ich solle doch auch fröhlich und ausgelassen sein.

Ich bin es jedoch nicht, ich bin am Boden zerstört, ich will nicht tanzen, will es nicht einmal versuchen. Komme mir vor, wie in einem bösen Traum.

Meine Weigerung auf Knopfdruck heiter zu sein wird mir einem missbilligendem Schulterzucken quittiert.

In den folgenden Tagen geht es mir ausgesprochen schlecht.

Da es mir jedoch schon früher oft sehr schlecht gegangen ist, bin ich eher bereit diesen Zustand auf mich zurück zu führen.

Ich möchte lieber an ein grausames Missverständnis glauben, als der bitteren Wahrheit in das versteinerte Gesicht zu sehen.

Heute ist mir vollkommen klar, was damals geschehen ist.

Die Anhänger von Hellinger glauben daran, dass bei diesem Humbug tatsächlich etwas in der Seele zutiefst in Ordnung komme.

Doch das genaue Gegenteil ist der Fall.

Etwas in der Seele des Menschen kommt auf zutiefst verstörende Art und Weise in Unordnung durch solch gewissenlose Manipulationen.

Das perfide daran ist jedoch, dass sich der Klient anschließend (meist nur für sehr kurze Zeit) wirklich entspannter und merkwürdig erleichtert fühlt.

Aber das ist keine Heilung, im Gegenteil, es ist eine Notfallreaktion der Psyche auf ein traumatisches, schockierendes Ereignis bei dem einem buchstäblich der Boden unter den Füssen weggezogen wird.

Vergleichbar mit einer Haiattacke bei der einem das Bein abgebissen wird, da fühlt man sich dann auch manchmal merkwürdig heiter und leicht, schmerzfrei.

Wenn dann Schmerz einsetzt, soll man dann zum Hai zurückschwimmen damit er einem noch ein Stück rausreißen kann um wieder in diesen „heiteren“ Zustand zu gelangen?

Bei einem Haiangriff ist Blut im Wasser, eine grauenvolle Verletzung ist sichtbar, niemand schwimmt zurück zum Hai.

Bei einem Sektenangriff aber………

Nun ja. Ich schwamm zurück.

Ganz schön blöd, was?

Ich schwamm zurück zur Sekte, doch ich wusste es nicht. Ich war geködert.

Der Köder war meine abgrundtiefe Verzweiflung, in der ich einfach keinen Ausweg mehr sah. Ich hatte (berechtigte) Angst zugrunde zu gehen.

Erstmal wieder ein Gespräch mit der Festhaltetherapeutin, zu der ich noch immer Vertrauen hatte.

Es gab dabei immer so ein paar Schlüsselsätze, Andeutungen, die erst einige Zeit danach einen Sinn für mich ergaben.

Ich glaube ich weiß jetzt auch warum sie es getan haben: Ich war kurz davor ein Studium zu vollenden, welches unter anderem einiges an Prestige verspricht und ich vermute, sie wollten mich als Aushängeschild für sich gewinnen.

Es folgte dann ein Bonding-Seminar (nicht zu verwechseln mit Bondage) an der Rax (zum Leute-kennen-lernen, danach sollte es mir besser gehen)

Hier wurde mir eröffnet, dass es Etwas (diffus, kryptisch) zu geben schien, das dazu führte, dass meine Rechte und Interessen von anderen Menschen mit Füssen getreten werden (etwas Ähnliches hatte mir meine Mutter als Kind schon gesagt, scheint eine bewährte Manipulationstechnik zu sein).

Es wurde unterstellt ich würde mich selbst nicht ernst genug nehmen, welches ich explizit, vor versammelter Teilnehmerrunde als unzutreffend deklarierte.

Meine Nachfrage wurde nur mit Schulterzucken beantwortet und übergangen

(war wie ein schlechter Witz, doch die haben dabei keine Miene verzogen, die meinten es ernst, todernst).

Als ich auf einer Beantwortung meiner Frage seitens der Festhaltetherapeutin im Kreise der Bondingteilnehmer bestand, ging sie zum Schein darauf ein und schlug mir vor ich solle doch jeden der mit mir im Kreis sitzenden Teilnehmer mit dem Satz „ich bin ganz alleine“ adressieren.

Da hatte mich mein Instinkt was diese charmante, vordergründig freundliche Frau betraf  wohl doch nicht ganz betrogen.

Leider hatte ich da noch nicht gelernt meinem Instinkt zu vertrauen, geschweige denn ihn immer von dem Psychoschrott, der in traumatisierten Menschen leider nun mal überreichlich anfällt sicher zu unterscheiden

(die Welt kann doch unmöglich sooo böse sein! Leider kann das die Welt doch, vor allem dann wenn man gehandicapt ist. Kleine Kurskorrektur: Es gibt auch gute, vertrauenswürdige Menschen, leider schauen diese den nicht so guten oft zum Verwechseln ähnlich).

Das Resultat dieser Affirmationsrunde in meinem ohnehin schon angeschlagenen Zustand war natürlich ein Zusammenbruch.

Cool, gell?

Einen von den damaligen Teilnehmern habe ich später mal wiedergetroffen, eigentlich ein sympathischer, netter Kerl, über den ich wirklich nichts schlechtes schreiben möchte. Doch er sprach es damals schon aus (ich bin überzeugt, dass ihm dies damals gar nicht so bewusst war).

Er meinte nur die Familie als gesellschaftliche Kernstruktur würde auf Grund all der schlimmen Dinge, die so passieren wohl nicht mehr lange funktionieren und an Stelle der Familie würde die Zugehörigkeit zu „Gruppen“ treten.

(Oder wusste er doch, dass er gerade für Sekten argumentierte??)

Ach, fast hätte ich es vergessen: Beim Bonding-Seminar wie auch bei der Familienaufstellung, die noch folgen sollte, wurde schon ein ziemlich „spirituelles“ Klima unterhalten.

Zum einen um Sehnsüchte (Erlösung) zu schüren, zum anderen aber auch um zu drohen!  Zum Beispiel: „Das was hier in diesem Kreis geschieht sollte auch in diesem Kreis bleiben.“  „Wer zu viel über seine Heilung spricht, der zerstört sie“

Man kennt so was ja sehr gut auch von wo anders (Geheimbünde, Mafia,…).

Und über allem schwebte immer das Odeur „höherer“ Mächte.

Doch ich frage mich wirklich wie viele Menschen haben am Ende genau das von dieser Gruppe erhalten, was ursprünglich der Grund für diese Menschen war nach Hilfe zu suchen?

Ich glaube nicht viele, doch das dürfte den Wenigsten wirklich klar sein.

Von der „Gruppe“ quasi als Surrogat wurde einem immer eines untergejubelt:

Größe (der Seele) und die „Ahnung“ etwas „Größerem“ zu dienen.

Auserwählt zu sein.

Leichter Brechreiz!

Das wollte ich nicht, ich wollte mein Studium weitgehend unbelastet von negativen Emotionen und Gedanken fortführen, ich wollte entspannter mein weiteres Leben leben können, damit mein restliches Leben nicht so sein würde, wie mein bereits vergangenes gewesen war.

Aber genau mein restliches Leben, hätte mich die Erfahrung mit dieser nicht deklarierten Sekte unter dem Mäntelchen der Psychotherapie beinahe gekostet.

Je mehr diese Gruppe um mein Wohlergehen bemüht war, desto schlechter erging es mir – komisch nicht?

Eine letzte Familienaufstellung sollte die Entscheidung bringen.

Doch diesmal machte ich etwas anders.

Ich sah diese Aufstellung nicht mehr als Heilsweg, sondern als Kampf den ich gewinnen musste, wenn ich überleben wollte.

Und ich gewann.

Sehr zum Missfallen von PT, was mir wiederum eine gewisse Genugtuung bereitete.

Da hatte sie beim Meister Hellinger gelernt wie man die Gruppendynamik für die eigenen Zwecke ausnutzt, wie man abergläubische Ängste und gleichzeitig irrationale Hoffnungen in seinen Opfern schürt, sie hatte NLP gelernt und hatte jahrelange Erfahrung als Psychotherapeutin.

Trotzdem gelang es ihr nicht mich armes, unwissendes und verwundetes Wesen

kleinzukriegen.

Zum Abschied hatte sie mich noch verflucht („alles was Dich hindert zu Deiner Kraft zu finden, alles was Dir in Deinem Leben noch an Negativem widerfährt liegt nur daran, dass Du Dich vor Deiner Mutter nicht richtig verbeugen kannst!“  so sprach sie in meine Richtung und bedachte mich mit eigenartigen, salbungsvollen Handbewegungen)

Sorry PT! Hat nicht funktioniert, vielleicht klappt ja Dein nächster Fluch. Und lass Dich bloß nicht von so Kleinigkeiten wie therapeutischer Ethik oder Menschenfreundlichkeit davon abhalten.

Wie sieht’s aus, in der Zwischenzeit wieder mal die eine oder andere verzweifelte Frau an die Wand gestellt? War’s gut?

Eines aber hat sich klar gezeigt.

Man muss nicht mit (höheren?) Mächten im Bund stehen.

Ein ganz normaler Mensch zu sein reicht völlig aus.

Und das ist jetzt nicht die „Anmaßung des Geringeren“ wie Hellinger zu sagen

pflegt.  Aber muss gerade ich einem Missionar (ehemals katholischer Priester) erklären was Demut ist?

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